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Einmal im Jahr: Neuzeitliche Zahnpflege bei Deinem Pferd…

…. so lautet der Titel eines Lehrfilmes aus dem Jahre 1943, der auf die Notwendigkeit einer regelmäßigen Zahnbehandlung von Pferden eingeht. Prof. Erwin Becker, zu dieser Zeit Leiter des Pferdelazaretts der Wehrmacht und später Lehrstuhlinhaber an der Pferdeklinik der FU Berlin, erkannte schon damals, wie wichtig eine routinemäßige Kontrolle des Kauapparates für die langfristige Gesunderhaltung des Pferdes ist. Das von ihm ins Leben gerufene Dogma besitzt auch heute noch eine gewisse Gültigkeit, wenngleich sich die Pferdezahnmedizin insbesondere in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt hat. Das wachsende Verständnis vom Aufbau und der Funktion des Kauapparates sowie der Entstehung von Zahnkrankheiten führt dazu, dass keine dogmatischen Behandlungsempfehlungen mehr ausgesprochen werden können, sondern jedes Pferdegebiss individuell beurteilt und behandelt werden muss.

Von Pferdebesitzern wird häufig geäußert: „Mein Pferd frisst gut und lässt sich normal reiten, also kann es nichts mit den Zähnen haben!“. Diese Herangehensweise ist grundverkehrt, denn wie aus allen Bereichen der Pferdemedizin bekannt ist, sind Pferde Meister der Kompensation und daher ausgesprochen gut in der Lage, auch mit Schmerzsituationen umzugehen. Wenn Pferde das Fressen gänzlich einstellen, sind die Probleme in der Regel schon sehr massiv. Bei leichteren Befunden wird das Pferde versuchen, den schmerzhaften Bereich vom Kauvorgang auszuschließen, z.B. einfach auf der anderen Kieferseite kauen, was dem Besitzer unter Umständen gar nicht auffällt. Auch hier gilt jedoch, dass jedes Pferd ein Individuum ist und mit möglichen Zahnproblemen anders umgeht. Eine regelmäßige Kontrolle ist daher erforderlich, auch wenn das Pferd scheinbar keine Beschwerden hat. Der Abstand von einem Jahr hat sich aus Gründen der Praktikabilität bewährt. Bei Jungpferden im Zahnwechsel, der in der Regel mit ca. 5 Jahren abgeschlossen ist, sollten die Kontrollen jedoch engmaschiger erfolgen, da der Zahnwechsel häufig mit kleineren Problemen verbunden ist. Diese können schnell behoben werden, so dass sich das Gebiss im Anschluss meist unauffällig entwickelt. Bei Pferden mittleren Alters, die keine Zahn- oder Kieferfehlstellungen aufweisen, kann es im Einzelfall aber auch genügen, das Gebiss alle 1,5 bis 2 Jahre zu korrigieren. Bei älteren Pferden treten häufig Ermüdungs- und Verschleißerscheinungen einzelner Zähne auf, so dass wiederum engmaschigere Kontrollen notwendig sein können. Diese Entscheidung trifft der Pferdezahnarzt individuell für Ihr Pferd.

Bei den regelmäßigen Routinekontrollen wird das Gebiss genau untersucht, jede kleine Auffälligkeit bewertet und dokumentiert, und es werden Korrekturen durch kleinere Schleifmaßnahmen vorgenommen. Aufgrund anatomischer und biomechanischer Besonderheiten des Pferdegebisses sind die häufigsten Zahnbefunde scharfe Kanten und Spitzen sowie Zahnhaken. Darüber hinaus gibt es jedoch noch sehr viel schwerwiegendere Erkrankungen des Pferdegebisses! Die Schwierigkeit besteht darin, diese zu erkennen und korrekt zu therapieren, da der Zugang insbesondere zu den hinteren Backenzähnen recht schwierig ist. Kleinste, punktuelle Veränderungen auf der Kaufläche oder im Zahnfleisch, das Ausmaß oberflächlich erscheinender Zahnfrakturen oder feinste Einkeilungen von Futterresten zwischen benachbarten Backenzähnen lassen sich nur unter Einsatz eines Vollmaulgatters und mithilfe einer guten Ausleuchtung der Maulhöhle erkennen. Diese präzise Diagnostik erfordert Zeit, Ruhe, und eine geeignete Sedation des Pferdes. Die heute eingesetzten Sedativa sind ausgesprochen sicher und hilfreich, um dem Pferd den Stress zu nehmen, und eine sichere Behandlung für alle Beteiligten zu gewährleisten.

Die moderne Pferdezahnbehandlung beinhaltet aber mehr als nur das Abschleifen von überstehenden Zahnkanten oder -spitzen. Vielmehr ist es das erklärte Ziel, durch eine gezielte Behandlung eine optimale Balance im Pferdemaul herzustellen. Das bedeutet, dass der während des Fressens entstehende Kaudruck möglichst gleichmäßig auf alle Zähne und die Kiefergelenke verteilt wird. Nur so werden alle Zähne gleichmäßig abgenutzt und können so lang wie möglich erhalten bleiben. Die mechanische Überlastung einzelner Zähne oder Zahnanteile kann zu einem übermäßigen Abrieb, Zahnfrakturen oder einem Lockern einzelner Zähne und damit zu einer Erkrankung des Zahnhalteapparates (Parodontiums) führen. Das Herstellen der korrekten Balance des Gebisses erfordert ein geschultes Auge, viel Erfahrung und einen höchst präzisen Einsatz der Zahnschleifgeräte.

Neben der optimalen Druckverteilung im Kauapparat soll aber auch eine freie Beweglichkeit des Unterkiefers in allen Raumrichtungen gegenüber dem Oberkiefer erzielt werden. Je besser die Mobilität des Unterkiefers ist, desto effizienter kann ein Pferd kauen, das heißt sein Futter verwerten. Einschränkungen der freien Kieferbeweglichkeit haben aber auch Auswirkungen auf den Rest des Pferdekörpers, insbesondere beim Reitpferd. Mechanische Blockierungen des Kauapparates durch überstehende Zahnkanten, eine Stufenbildung oder gar Asymmetrien werden direkt auf die Kiefergelenke des Pferdes übertragen. Rings um die Kiefergelenke enden Muskelketten, die durch den gesamten Pferdekörper bis zu den Hinterbeinen ziehen. Über diese Verkettungen können Funktionsstörungen des Pferdegebisses auf den gesamten Pferdekörper übertragen werden und zu fehlerhaften Bewegungsmustern oder Rittigkeitsproblemen führen. Bei unklaren Rittigkeitsproblemen empfiehlt es sich daher immer, das Gebiss des Pferdes von einem Fachmann kontrollieren zu lassen. Im Zweifelsfall auch dann, wenn die letzte Zahnbehandlung erst einige Monate zurück liegt, denn akute Befunde, wie zum Beispiel Zahnfrakturen, können jederzeit neu entstehen.

Fazit: Die Grundidee von Prof. Becker, bei allen Pferden eine regelmäßige Zahnkontrolle durchzuführen, besitzt noch heute volle Gültigkeit. Nach derzeitigem Kenntnisstand stellen starre Behandlungsintervalle und -schemata aber keine zufriedenstellende Methodik dar. Vor jedem therapeutischen Eingriff ist eine genaue Befunderhebung erforderlich. Erst dann kann jedes Pferd individuell und befundorientiert behandelt werden und sinnvolle Behandlungspläne können gemeinsam mit dem Pferdebesitzer entwickelt werden.

 

Ein Beitrag von Dr. Alice Manders

Mehr über unsere Gastautorin erfahrt ihr auf ihrer Homepage unter www.pferdepraxis-manders.de

 

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